Albaniens Süden

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Der Einleitungsartikel zu Albanien befindet sich hier.

Der Süden ist definitiv der schönste Landesteil Albaniens. Im Dreieck zwischen Vlorë, Berat und Sarandë kommt einfach alles zusammen: Meer, Gebirge, Bergdörfer, Nationalparks und Strände. Wer sich für Kultur und Geschichte interessiert oder wandern möchte, geht nach Berat und Gjirokastër. Die Sonnenanbeter hangeln sich statt dessen an der Küste von Strand zu Strand.

Wir haben uns auf die Küstenregion zwischen Vlorë und Sarandë konzentriert und einen Abstecher nach Berat gemacht. Die Berge zwischen Berat und Girokastër mit dem Blue Eye (Syri i Kaltër, eine sehr tiefe Quelle mit leuchtend türkisblauem Wasser) mussten wir leider auslassen. Eine Karte mit allen genannten Sehenswürdigkeiten und eine GPX-Datei zum Download befinden sich am Ende des Artikels.

Berat

Die Stadt der Tausend Fenster, wie Berat auch genannt wird, ist eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten des ganzen Landes. Die typisch ottomanischen, durchgehend weiß angestrichenen Häuser in den Stadtteilen Mangalem und Gorica sowie die alte Festung Kalaja hoch über der Stadt sind Touristenmagneten. 2008 wurde die Altstadt zur Museumsstadt erklärt und in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.

Berat ist der beste Ort um eines der albanischen Nationalgerichte zu probieren: Tavë Kosi. Das aus Lammfleisch, Eiern und Joghurt bestehende Gericht bäckt in der traditionellen Keramikschüssel zu einer Art Quiche hoch. Im Restaurant Antigoni kann man gemütlich auf der Terasse sitzen und auf den Fluss Osum, die Altstadt und die Festung hinüberschauen, während man auf eine Portion Tavë Kosi wartet.

Aber nicht nur auf dem Tisch geht es traditionell zu. Zwischen Hammer-und-Stern-Mosaiken, Gockeln und Katzen kann man sich schon mal wie im Kommunismus in den 1970ern vorkommen…

Von der alten Festung Kalaja aus hat man einen ausgezeichneten Blick auf die Berge und den Stadtteil Gorica auf der anderen Seite des Flusses.

1968 verbrachte eine ganze Armee von Dorfbewohnern zehn Tage damit, zu Ehren des 60. Geburtstages von Diktator Enver Hoxha den Schriftzug ENVER in 100 Meter hohen Buchstaben auf den Berg Shpirag zu malen. Nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes brannte die Armee die verhasste Buchstabenkette 1994 mit Napalm vom Berg. Drei Jahre später hatten treue Kommunisten sie allerdings wieder restauriert, und ENVER wurde zur Touristenattraktion.

Für die Bewohner der Region natürlich ein schwer zu ertragender Zustand. 2012 vertauschten sie schließlich die ersten beiden Buchstaben und änderten ENVER zu NEVER. Deutlicher kann man es kaum ausdrücken – auf jeden Fall wohl kaum noch größer.

Die Festung Kalaja ist einfach riesig. An der längsten Stelle misst das Areal 600 Meter, an der breitesten fast 300. Das Burgviertel besteht noch heute aus engen Gassen mit Steinhäusern, Museen, Ruinen, Ikonen und Bauten aus verschiedenen Epochen. Alleine acht Kirchen und zwei Moscheen befinden sich auf dem Gelände.

Über den Llogara-Pass

Wer von Norden kommend nach Himarë und Sarandë will, muss zwangsläufig den 1000 Meter hohen Llogara-Pass zwischen Orikum und Vlorë überqueren. Schon beim Aufstieg von Orikum merkt man, dass die Welt hier eine andere ist. Alles ist viel grüner als im Norden und Osten des Landes. Irgendwann hat man es geschafft, lässt die dichten Wälder hinter sich, und vor einem tun sich plötzlich das Meer und die Küste auf. Einfach atemberaubend.


In einer der Kehren kurz unter dem Pass befindet sich ein recht großer Bunker aus der Zeit unter Diktator Enver Hoxha. Freunde von Lost Places finden hier mehr Informationen zu Albaniens Bunkern.

Entlang der Küste

Zwischen Llogara-Pass und Lukove liegen etwa 70 Kilometer Küstenstraße. Im Prinzip ist es völlig egal, wo man sich niederlässt, denn der Ausblick ist einfach immer grandios. Wir hatten ein Apartment in Himarë gemietet und haben von dort aus drei Tage lang die Umgebung erkundet.

Küstenstraße Richtung Sarandë
Bucht von Porto Palermo

Zwischen Lukovë und Sarandë führt die Hauptstraße SH-8 kurz durch das Hinterland, da der 802 Meter hohe Berg Maja Shëndëlliut im Weg steht. Die fein säuberlich in die Hänge der Hügel gegrabenen Terassen der Bauern lassen das ganze Gebiet wie eine futuristische Stadt aus der Zukunft wirken.

Die alte Festung von Porto Palermo

Die wahrscheinlich größte Touristenattraktion an der Südküste – abgesehen von den Stränden – ist die alte Festung von Porto Palermo (Kalaja e Porto Palermos). Sie liegt auf einer kleinen Halbinsel in der Bucht von Porto Palermo und war früher Teil der Militäranlage auf der anderen Seite der Bucht. Wer die Festung gebaut hat, ist bis heute nicht ganz klar. Gesichert ist nur, dass sie 1662 von den Türken genutzt und modernisiert wurde, um die aufständische Bevölkerung in der Region zu kontrollieren.

Im Inneren der Festung bieten sich viele schöne Perspektiven für Fotografen. Der Eintrittspreis beträgt theoretisch 100 Lek (ca. 80 Euro-Cent). Je nach Tageszeit wartet jemand vor dem Eingang und kassiert – oder auch nicht. Manchmal wartet angeblich auch einfach ein Einheimischer, wenn der offizielle Pförtner gerade nicht da ist, kassiert 200 Lek und steckt sie in die eigene Tasche 😉

Porto Palermo war während der Herrschaft von Enver Hoxha eine wichtige Militärbasis. Zwischen 1955 und 1968 stationierte die Sowjetunion insgesamt zwölf russische U-Boote der Whiskey-Klasse bei Vlorë. Nach dem Austritt Albaniens aus dem Warschauer Pakt eignete sich Hoxha jene vier U-Boote an, welche mit albanischen Mannschaften gefahren waren, und stationierte sie in Porto Palermo.

Um die geschützte Bucht auch im Falle einer Blockade verlassen zu können, begann man mit dem Bau eines 650 Meter langen und 12 Meter hohen U-Boot-Tunnels. Im Inneren fanden die vier U-Boote vollständig Platz. Vom Meer aus war der äußere Tunneleingang nicht zu sehen.

Mehr Informationen zu den albanischen Bunkern gibt es hier.

Das alte Schloss von Himarë

Das alte Schloss von Himarë (Kalaja e Himarës) liegt in Kastro, der Altstadt von Himarë, etwa zwei Kilometer entfernt vom heutigen Stadtzentrum. Das Schloss selbst ist in keinem sonderlich guten Zustand, aber die Aussicht von einem Hügel zwischen zwei Tälern sollte man sich nicht entgehen lassen.

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Eine ganze Reihe von Heiligtürmern liegt innerhalb der Schlossmauern. Darunter befindet sich eine kleine Episkopalkirche, welche auf den Ruinen eines dem griechischen Gott Apollo geweihten Tempels errichtet wurde.

Das alte Qeparo

Nicht nur Himarë hat ein altes und ein neues Zentrum. Auch in Qeparo haben sich die Menschen nach und nach weiter unten im Tal angesiedelt, um näher an ihren Feldern zu sein und der Kälte der Berge zu entfliehen. 1957 teilte man das Dorf in den alten (Qeparoi i Sipërm) und den neuen Teil, und der alte Teil starb nach und nach aus.

Heute ist das alte Qeparo eine Geisterstadt. Nur sehr wenige Häuser am Rand der Siedlung sind noch bewohnt, der Rest verfällt vor sich hin.

Von der Südseite aus hat man einen ausgezeichneten Blick auf die Berge in der Umgebung. Von hier aus kann man auch gut die knapp 5 Kilometer bis zum Dorf Kudhës weiter hinten im Tal wandern.

Strände und Sonnenuntergänge

Ich bin ja kein Strandmensch, aber für einen schönen Sonnenuntergang bin ich trotzdem immer zu haben. Und daran herrschte im Süden Albaniens so gar kein Mangel. Fast entlang der gesamten Küste hat man einen guten Blick Richtung Westen und damit auf die untergehende Sonne.

Küstenstraße bei Porto Palermo
Himarë Beach
Strandweg Richtung Spile
Himarë Beach

Im nächsten Artikel gibt es gleich eine ganze aufgegebene Eisenbahnlinie zu sehen, inklusive Lokomotivfriedhof mit 15 Lokomotiven… 🙂

GPX-Download

Dieser Artikel wurde von Simon für One Man, One Map geschrieben. Das Original befindet sich hier. Alle Rechte vorbehalten.

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