Ein Tag… in der Demilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea

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Wenn über Südkorea berichtet wird, dann selten über die schönen Seiten. Manchmal geht es um das neueste technische Spielzeug von Samsung oder LG, aber meistens um den schwelenden Konflikt mit Nordkorea. Technisch gesehen läuft der Koreakrieg seit 1950 immer noch weiter. Man hat sich 1953 auf einen Waffenstillstand geeinigt, das ist alles, und immer wieder gibt es teilweise schwere Vorfälle an der Grenze.

Eine “echte” Grenze gibt es mangels Friedensverhandlungen nicht. Häufig bekommt man zu hören, der 38. Breitengrad wäre die Grenze, das stimmt allerdings auch nicht. Es existiert eine Militärische Demarkationslinie, welche die Koreanische Halbinsel teilt und faktisch seit 1953 die Grenze darstellt. Im Waffenstillstandsabkommen ist zusätzlich eine Demilitarisierte Zone (DMZ) festgelegt, ein mehrere Kilometer breiter Streifen links und rechts der Demarkationslinie, in welchem sich niemand ohne Erlaubnis der gemeinsamen Waffenstillstandskommission aufhalten darf. Der Waffenstillstand wird von den Vereinten Nationen überwacht.

(Map by Rishabh Tatiraju, licensed under Creative Commons CC BY-SA 3.0)

Zu den wenigen permanenten Bauten in der DMZ gehören:

  • Die Joint Security Area (JSA) oder auch Panmunjeom (판문점), eine militärische Siedlung, welche von der Demarkationslinie in zwei Hälften geteilt wird. Einige Gebäude stehen genau auf der Linie, dort finden die Gespräche zwischen beiden Ländern statt.
  • Daseong-Dong (대성동, Freiheitsdorf), ein Dorf auf südkoreanischer Seite.
  • Kijŏng-dong (기정동, Friedensdorf), ein Dorf auf nordkoreanischer Seite.
  • Die Brücke ohne Wiederkehr (돌아올 수 없는 다리), lange Zeit der einzige Grenzübergang zwischen beiden Ländern und mehrfach für den Austausch von Gefangenen benutzt.
  • Camp Bonifas, der Kommandoposten der Vereinten Nationen. Der Golfplatz auf dem Gelände gilt als “World’s Most Dangerous Golf Course”.

Auf südkoreanischer Seite existieren außerdem noch:

  • Der Bahnhof Dorasan. Von hier aus könnten sofort Züge in den Norden fahren, falls die Situation eines Tages aufgelöst werden sollte. Hier endet auch der Peace Train (평화열차) aus Seoul.
  • Das Dora-Observatorium auf der Spitze des Mount Dora. Eigentlich ein Beobachtungsposten, wegen der besonders geringen Entfernung zu Nordkorea und der sehr guten Aussicht wurde aber eine Aussichtsplattform für Besucher eingerichtet.
  • Der dritte Angriffstunnel, eine Installation auf südkoreanischer Seite, von welcher aus man einen der entdeckten nordkoreanischen Tunnel besichtigen kann.
  • Imjingak oder das Imjingak Resort (임진각(臨津閣), eine Parkanlage mit Restaurants, Läden, Statuen, einer Aussichtsplattform und einem Bahnhof. Von hier aus kann man auch mit dem Zug über eine Brücke zum Bahnhof Dorasan weiterfahren.

Die meisten Touristen buchen, so wie ich, eine Bustour ab Seoul. Die kürzesten Touren dauern nur einen halben Tag und führen für etwa 40.000 bis 50.000 Won (ca. 40 €) nur zum Dora-Observatorium und dem dritten Angriffstunnel. Für das volle Paket aus Imjingak, Dora-Observatorium, dem dritten Angriffstunnel, Camp Bonifas und der Joint Security Area werden etwa 135.000 Won (ca. 105 €) fällig, außerdem muss man sich mindestens zwei Tage vorher anmelden, da Name und Reisepassnummer an die Vereinten Nationen weitergeleitet werden müssen. Einen Reisepass benötigt man immer, auch wenn die besuchten Orte technisch gesehen gar nicht in der DMZ liegen sollten.

Seit 2014 fährt der Peace Train von Seoul zur Dorasan Station und auf einer anderen Strecke auch nach Gyeongwon. Leider kann man die Fahrt zur Dorasan Station derzeit nicht mit einem Besuch in der JSA kombinieren, sondern nur mit einem Ausflug zum dritten Angriffstunnel und dem Dora-Observatorium. Auch muss man in Imjingak zur Kontrolle antreten, bevor es weiter zur Dorasan Station geht. Gyeongwon hat nur für Südkoreaner eine Bedeutung, für Ausländer gibt es dort kaum etwas zu sehen.

Kleiner Tipp: Wenn man die Tour über das Internet bucht, sollte man ganz genau darauf achten, wie der Veranstalter arbeitet. Häufig muss man bis zu einem bestimmten Datum eine zusätzliche Bestätigung per E-Mail schicken und dann spätestens zwei Tage vor der Tour noch mal im Büro in Seoul anrufen, sonst verfällt die Buchung möglicherweise kommentarlos.

Das Imjingak Resort

Die meisten Tourenveranstalter benutzen Imjingak als Drehscheibe. Der große Parkplatz fasst unzählige Busse, und das große Restaurant wird bei Ganztagstouren für das Mittagessen genutzt. Außerdem kann man hier schön die Wartezeiten verbringen, bei den Ganztagstouren wechselt man meist mittags den Bus.

Für viele Südkoreaner ist Imjingak einer der Orte, welcher am ehesten als Symbol für eine Wiedervereinigung stehen kann. Deswegen finden sich an vielen Zäunen und Bäumen Fahnen, Flaggen, Poster, bunte Bänder und so weiter.

Neben der relativ neuen Eisenbahnbrücke stehen hier auch die Ruinen der alten Eisenbahnlinie. Die Brücke wurde am 28. Juni 1950 gesprengt, um den Vormarsch des Nordens zu stoppen. Brückenpfeiler und die Überreste einer Dampflokomotive erinnern noch heute an die heiße Phase des Krieges.

Schnell lernte ich: Wenn es eine Möglichkeit gab, den Feind als besonders verabscheuungswürdig hinzustellen, dann wurde diese im Norden wie im Süden sofort genutzt. Diese Markierungen sollen zeigen, wie schrecklich der Krieg war – allerdings liegen sie in Richtung Norden, stammen also höchstwahrscheinlich von den Soldaten des Südens selbst. Ohne die Markierungen hätte man die Einschusslöcher wohl auch nicht bemerkt, besonders nicht zwischen all den wunderschönen, bunten Feldern unter dem blauen Himmel. Aber darum ging es eben nicht.

Sollte der Konflikt eines Tages beigelegt werden, können zumindest von südkoreanischer Seite aus sofort wieder Züge in den Norden fahren. Die Strecke wird laufend gewartet und in Schuss gehalten.

In Südkorea erweist man während einiger Feste, beispielsweise zu Neujahr und zum Herbstfest, seinen Eltern und Ahnen Respekt. Da viele Familien ihre Verwandten und die Gräber der Ahnen in Nordkorea nicht besuchen können, kann man stellvertretend das Mangbaeddan-Monument besuchen.

Wie immer, wenn sich Menschen fernhalten, ging es der Natur mal wieder prächtig…

Von der Aussichtsplattform über dem Restaurant konnte man einen sehr guten Blick auf die südkoreanische Hälfte der DMZ werfen. Hier ist mir eine extrem weite Panoramaaufnahme gelungen (Achtung, 12 Megabyte in voller Größe!):

Hinweis für Fotografen: Bei fast allen Veranstaltern steht neben züchtiger Kleidung auch “Objektive bis 90 Millimeter” auf der Liste der Spielregeln für die Tour. Das betrifft aber nicht die Brennweite, sondern den Durchmesser des Objektives. Mit 90 Millimetern Durchmesser kommt man ganz schön weit, die Standard-Objektive für die üblichen Spiegelreflexkameras haben ja meist 77 Millimeter oder weniger. Das Nikon 70-300mm auf der Nikon D7100 ergab 450 Millimeter Kleinbild-Brennweite, damit konnte ich dann auch ganz schön weit in die Ferne blicken…

Auf der südkoreanischen Seite ist schon der Bereich vor der DMZ durch mehrere Zäune und unzählige Wachtürme abgesichert. Auf der nordkoreanischen Seite sieht es wahrscheinlich ähnlich aus, dort muss hauptsächlich die eigene Bevölkerung von der Flucht ins Nachbarland abgehalten werden. Aber auch die Südkoreaner haben es nicht einfach: Erst Mitte November 2017 wurde ein US-Amerikaner aufgegriffen, welcher die Grenze in den Norden überschreiten wollte!

Der Bahnhof Dorasan

Vor dem Mittagessen ging es zum Banhof Dorasan, dem Dora Observatory und dem dritten Angriffstunnel. Alle drei Orte liegen technisch gesehen nicht in der DMZ, aber innerhalb der südkoreanischen “Schutzzone”. Bei der Einfahrt wurden im Bus alle Pässe kontrolliert.

Die Dorasan Station ist nicht der am nördlichsten gelegene Bahnhof Südkoreas, aber der letzte Bahnhof an der einzigen (theoretisch) funktionsfähigen Bahnverbindung in den Norden. Das ganze Gebäude hatte allerdings etwas von einem Flughafen.

Ab 2007 waren von hier aus sogar Güterzüge zur gemeinsamen Industrieregion Kaesŏng (개성공업지구) im Norden abgefahren, aber nach der Schließung der Grenze durch Nordkorea im Jahre 2008 wurde der Verkehr wieder eingestellt. 2016 wurde die gemeinsame Wirtschaftszone durch den Norden geschlossen.

An dieser Karte sieht man sehr gut, welche Bedeutung die Bahnlinie für Südkorea tatsächlich hätte. Die einzige Landgrenze geht nach Nordkorea, alle Waren müssen per Schiff transportiert werden. Nach einer Einigung oder sogar Wiedervereinigung könnte man theoretisch durchgängig mit dem Zug von Busan bis nach Portugal oder sogar Afrika reisen.

Unser Tourguide hat uns im Bahnhof leider etwas im Stich gelassen. Man bekommt Zutritt zu den Bahnsteigen, wenn man sich eine Bahnsteigkarte kauft, aber der Guide hatte das einfach nicht erwähnt. Bis wir die Schilder über dem Schalter entziffert hatten, war es leider schon zu spät 🙁

Dora Observatorium

Dieses Observatorium liegt auf dem Mount Dora, korrekterweise wahrscheinlich eher ein Hügel als ein Berg.

Neben dem Militärposten wurde eine Aussichtsplattform für Touristen errichtet. Von hier aus hat man definitiv den besten Blick in den Norden, welchen man als Tourist vom Süden aus haben kann. Ohne Ortskenntnisse sollte man sich nicht auf den Mount Dora begeben, die Umgebung ist vermint!

Auch hiervon gibt es wieder eine schöne Panoramaaufnahme (Achtung, über 3 Megabyte in voller Größe!)

Auf den ersten Blick eine wunderschöne Gegend, wären da nur nicht die ganzen Militärposten:

…und die Grenzzäune und -streifen. Auf nordkoreanischer Seite sollen die Zäune unter Strom stehen und von Minenfeldern umgeben sein, auf südkoreanischer Seite soll eine bis zu fünf Meter hohe Panzersperre errichtet worden sein. Wie viel davon wahr ist? Darüber streiten sich auch die Experten.

Am auffälligsten waren aber die Fahnenmasten. Südkorea hatte 1981 im “Freiheitsdorf” Daseong-Dong einen 100 Meter hohen Fahnenmast errichtet, Nordkorea hält seitdem im “Friedensdorf” Kijŏng-dong mit 160 Metern (immerhin dem vierthöchste Fahnenmast der Welt) dagegen.

Kijŏng-dong soll eine Geisterstadt sein, da man im Norden angeblich kaum Einwohner finden könne, welche nicht irgendwann fliehen würden. Die Wahrheit scheint aber nicht ganz so einfach zu sein, auf folgendem Foto fand ich hinterher einige Pixelhaufen, welche für mich wie Menschen aussehen:

Der Propagandakrieg wird nicht nur mit Fahnenmasten und (Geister-)Dörfern geführt, sondern auch mit Lautsprechern. Aus der Entfernung war es nicht einfach, etwas zu verstehen, aber vor Ort muss die Lautstärke recht ordentlich sein. Einfach auf Play klicken und mitlauschen 🙂

Nördlich der DMZ liegt die Industrieregion Kaesŏng, eine im Jahr 2000 gegründete und früher gemeinschaftlich von Nord- und Südkorea betriebene Sonderwirtschaftszone. Seit 2016 wird dort nicht mehr gearbeitet. Die zweite Sonderwirtschaftszone, die Touristenregion Kŭmgang-san, wurde 2008 geschlossen, nachdem nordkoreanische Soldaten eine südkoreanische Touristin erschossen hatten. Damit gibt es derzeit für Südkoreaner keine einfache Möglichkeit, legal den Norden zu betreten. Die Touristenanlagen in Kŭmgang-san werden seit 2011 wieder durch den Norden betrieben, allerdings hauptsächlich für Chinesen und andere Ausländer.

Der dritte Angriffstunnel

Nordkorea versucht schon seit spätestens den 1970er Jahren, Angriffstunnel in den Süden (üblicherweise in Richtung Seoul) zu graben. Der erste Tunnel wurde 1974 entdeckt, weil einen Kilometer südlich der Demarkationslinie plötzlich Rauch aus dem Boden aufstieg. Dieser Tunnel war elektrifiziert und mit einer Schmalspureisenbahn ausgestattet. Der zweite Tunnel wurde nur ein Jahr später entdeckt und lag in Tiefen bis zu 160 Meter. Es folgten Tunnel Nummer Drei im Jahre 1978 und Tunnel Nummer Vier 1990. Laut nordkoreanischen Überläufern soll der Tunnelbau in den 1980er Jahren seinen Höhepunkt erreicht haben.

Man geht in Südkorea davon aus, dass es noch etwa 15 bis 20 unentdeckte Tunnel geben soll. Wie ernst es der Norden meint – oder zumindest gemeint hat – sieht man schon an Tunnel Nummer Vier: Bis nach Seoul wären es etwa 100 Kilometer gewesen. Die entdeckten Tunnel waren alle nicht sehr groß, hätten aber im Angriffsfall bis zu 70.000 Soldaten pro Stunde in den Süden geschleust.

(Map by Rishabh Tatiraju, licensed under Creative Commons CC BY-SA 3.0)

Auf den dritten Tunnel wurde man durch einen Überläufer aufmerksam, welcher die Position der Arbeiter unter Tage grob abgeschätzt hatte, bevor er geflohen war. Man bohrte daraufhin im Abstand von wenigen Metern Löcher in die Erde und ließ mit Wasser gefüllte Plastikrohre in die Tiefe. Vier Monate später spritzte das Wasser aus einem der Rohre – die Nordkoreaner hatten es bei ihren Sprengungen getroffen. Die Südkoreaner gruben einen Abfangtunnel bis in etwa 70 Meter Tiefe und wurden fündig. Die Ausrede der Nordkoreaner: Schnell die Wände schwarz anmalen und erzählen, man wäre beim Abbau von Kohle falsch abgebogen…

Fotografieren war strengstens verboten, Kameras und Mobiltelefone mussten am Eingang in Schließfächer gelegt werden. In die Tiefe kam man entweder zu Fuß oder mit einer Art Zug. Unten hieß es dann mit Helm durch die sehr enge Röhre marschieren. Das Wasser tropfte von der Decke und musste durch Rohre abgeleitet werden, es war kalt, aber immerhin gut klimatisiert. Am Ende des Weges befand sich dann eine große Barriere aus Beton. Durch ein Glasfenster konnte man auf die zweite Betonbarriere ein paar Meter weiter schauen, dahinter befand sich – genau unter der Demarkationslinie – eine dritte. Das wars. Es ging wieder nach oben, und wir hatten etwa zwanzig Minuten bis zur Kinovorführung.

Kinovorführung? Ja, neben dem Tunneleingang wurde ein komplettes Kino eingerichtet. Zu sehen gab es ein sehr martialisches Propagandavideo, dessen Inhalt und Lehre sich mir leider nicht ganz erschlossen haben. Es ging irgendwie um den bösen Norden natürlich. Den Krieg. Aber auch die glorreiche DMZ, welche seit 50 Jahren existiere und nicht einfach so verschwinden würde.

Am Ende hatte ich irgendwie das Gefühl, dass das Video nicht nur an den Norden gerichtet war, sondern auch an die eigene Regierung. Die Existenzen vieler Menschen, vor Allem in und um die DMZ, hängen am Tourismus und an der wirtschaftlichen Sonderstellung. Wer im Freiheitsdorf Daseong-Dong lebt, zahlt beispielsweise keine Einkommenssteuern und muss nicht zum zweijährigen Wehrdienst.

Auf dem Weg zum Mittagessen in Imjingak fuhren wir kurz an einem Souvenirladen vorbei, und wenn man es nicht besser gewusst hätte, hätte man meinen können, man wäre gerade aus einem Vergnügungspark gekommen. DMZ-Tassen, auf welchen der nordkoreanische und der südkoreanische Soldat um die Wette lachen (!). DMZ-Reis. T-Shirts. Süßigkeiten.

Falls der Krieg tatsächlich ausbrechen sollte, würde dieser Laden wahrscheinlich innerhalb der ersten Minuten von der Landkarte verschwinden.

Camp Bonifas und die Joint Security Area

Nach dem Mittagessen reisten wir mit einem anderen Bus zum zweiten Mal an diesem Tag in der DMZ ein, aber dieses Mal sollte es ernst werden. Nicht mehr nur aus sicherer Entfernung in den Norden blicken, sondern direkt an der Grenze stehen und diese sogar kurz überschreiten.

Camp Bonifas ist das Militärcamp der Vereinten Nationen. Es liegt nur 400 Meter von der Joint Security Area entfernt und damit nur kurz hinter der Demarkationslinie. Allerdings ging es hier erstaunlich ruhig zu: Zwischen den Militärgebäuden gab es einen Golfplatz, ein Basketballfeld, einen Souvenirladen, einen buddhistischen Tempel und eine Kirche.

Ab hier übernahmen nun die Soldaten der Sicherheitseskorte das Kommando. Während einer kurzen PowerPoint-Präsentation mussten wir durch eine Unterschrift unter ein Formular bestätigen, dass wir uns an die Regeln halten würden und verstanden hatten, dass wir im schlimmsten Fall sterben könnten.

Dann wechselten wir in die bereitgestellten Militärbusse und fuhren los.

Immer in Zweierreihen gehen, keine Handzeichen oder sonstige Kommunikation mit dem Norden, nicht stehenbleiben. Alles auf die Minute getaktet. Die Sicherheitseskorte verstand keinen Spaß, und das aus gutem Grund. Alles, was die Besucher tun, wird vom Norden aus fotografiert, gefilmt und für Propagandazwecke weiterverwendet. Wer die Regeln vorher nicht richtig liest – eine Teilnehmerin kam unerlaubterweise in sehr kurzen Hosen – muss im Bus sitzen bleiben.

Einer der Teilnehmer hatte die Tour vorher schon vom Norden aus mitgemacht. Kommentar? “Bei denen geht es auch ohne die ganzen Regeln”. Nicht wirklich verwunderlich, es muss wohl kaum jemand befürchten, von den Südkoreanern gepackt und in den Süden gezogen zu werden…

Die Hütten in der Mitte stehen genau auf der Demarkationslinie und werden schon seit Jahrzehnten für gemeinsame Gespräche genutzt. Wenn eine der beiden Seiten Besucher empfängt, wird die Tür auf der anderen Seite so lange von innen verschlossen. Der Norden postiert seine Soldaten nur dann nahe an der Demarkationslinie, wenn eigene Besucher vor Ort sind oder der Feind hohen Besuch empfängt.

Ein kleiner Unterschied: Die Soldaten auf der Südseite blicken alle in Richtung Norden. Die Männer ganz vorne stehen halb hinter den Gebäudeecken, um sich zusätzlich vor Angriffen aus dem Norden zu schützen. Die Nordkoreaner stehen in einer Formation aus zwei Reihen, und die Männer in der vordersten Reihe blicken in Richtung Norden – in die Gesichter ihrer Kameraden. Sie kontrollieren sich gegenseitig, damit niemand auf die Idee kommt, zu fliehen. Das ist nicht abwegig, erst Ende November 2017 gelang einem nordkoreanischen Soldaten eine spektakuläre Flucht. Seine Landsleute überschritten bei seiner Verfolgung sogar kurzzeitig die Demarkationslinie.

Wenn langweilige Touristen wie ich vorbeikommen, steht da allerdings nur “Bob”. So bezeichnen die Südkoreaner den unbekannten, einsamen Soldaten, welcher rund um die Uhr am Eingang Wache steht und hinter den Pfeiler verschwindet, sobald die Touristen die Kameras zücken. Man darf Bob allerdings nicht unterschätzen: Er muss schon ein sehr zuverlässiger Soldat sein, sonst stünde er hier nicht alleine.

Der Aufenthalt in der Baracke war für uns Touristen auf knapp fünf Minuten limitiert. Davon entfielen zwei Minuten auf eine kurze Erklärung, …

…und drei Minuten auf sehr hektisches Fotografieren.

An diesem berühmten Tisch finden seit über 50 Jahren die Verhandlungen statt, im Moment befinden sich die Beziehungen allerdings wieder auf einem Tiefpunkt. Besonders, wenn man bedenkt, dass man sich im Jahre 2000 unter Kim Jong-il noch auf die Gründung der Sonderwirtschaftszone Kaesŏng einigen konnte.

So sehen also 20 Meter Nordkorea aus. Näher kommt man nicht an dieses Land, wenn man nicht gleich einreisen möchte.

Ein Schritt durch diese Tür, und man ist in Nordkorea. Dort kann einem dann niemand mehr helfen!

Mit sehr gemischten Gefühlen ging es zurück nach Seoul und direkt in den Fernbus zur nächsten Station: Andong!

Dieser Artikel wurde von Simon für One Man, One Map geschrieben. Das Original befindet sich hier. Alle Rechte vorbehalten.

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